Marta Peirano ist eine spanische Philosophin, die sich auf Technologie und Macht spezialisiert hat. Ihre jüngsten Bücher sind El pequeño libro rojo del activista en la red (Das kleine rote Buch des Online-Aktivismus), ein Essay über Kryptografie mit einem Vorwort von Edward Snowden, und El enemigo conoce el sistema (Der Feind kennt das System) über digitalen Feudalismus und politische Manipulation im Internet. Sie ist Gastwissenschaftlerin am spanischen Zentrum für nationale Verteidigungsstudien und arbeitet für spanische Medien wie El Pais, La Sexta TV, Muy Interesante und Radio Nacional de España. Als internationale öffentliche Rednerin ist sie seit langem eine Verfechterin von freier Software, digitaler Privatsphäre und der radikalen Dezentralisierung kritischer Infrastruktur. Im letzten Jahr war sie Tech-Kuratorin auf der Biennale of Thought in Barcelona und entwickelte für Aksioma – Institute for Contemporary Art, Ljubljana die Gesprächsreihe (re)programming mit renommierten Philosoph:innen über Strategien zur Selbsterneuerung eines in Flammen stehenden Planeten. Peirano lebt in Madrid und hat einen Teilzeithund.
By land sea and air: infrastructures in the age of platform capitalism
Conversation with Marta Peirano (ES) and Sarah Grant (US)
Die meisten wichtigen Infrastrukturen werden erst dann sichtbar, wenn sie ausfallen. Im letzten Jahr wurden einige sehr sichtbar. Der Begriff „kritische Infrastrukturen“ gehörte zu den Schlagworten der Coronapandemie und gemahnte an die Fragilität des gesellschaftlichen Zusammenhalts und soziale Abhängigkeiten. Wir hatten innerhalb von zwei Tagen einen funktionierenden COVID-19-Test, konnten diesen aber ohne Abstrichtupfer nicht nutzen, die, wie die meisten Dinge, in China hergestellt werden. Unsere Elektronik stammt aus Shenzhen, unsere Chips werden nahezu alle in taiwanesischen Foundries produziert. Die Möglichkeit, COVID-positive Kontakte mit Smartphone-Apps sicher verfolgen zu können, hängt von Google und Apple ab. Wir können Impfstoffe in Rekordzeit entwickeln, aber nicht vertreiben, und ein riesiges 200.000-Tonnen-Schiff, das in einem Kanal feststeckt, kann Kosten in Höhe von zwölf Prozent des Welthandels verursachen. Diese Spotlights zieren einige der „Postkarten“ unserer weltweiten Infrastrukturreise zu Land, zu Wasser und in der Luft.
In dem Gespräch zu #critical infrastructures diskutiert Marta Peirano, spanische Autorin und Aktivistin für freie Software, digitale Privatsphäre und die radikale Dezentralisierung kritischer Infrastrukturen, mit Sarah Grant den Begriff globaler Infrastrukturen, sowohl in Bezug auf ihre plötzliche Sichtbarkeit durch die Pandemie und andere Momente, in denen uns ihre Verstrickungen und Abhängigkeiten bewusst werden – als auch darauf, wie die Tatsache, dass wir sie nicht sehen, ihre Existenz und Funktionalität überhaupt erst möglich macht.
Sarah Grant ist eine US-amerikanische Medienkünstlerin und Pädagogin und arbeitet in Berlin im Studio Weise7. In ihrem Kunstschaffen beschäftigt sie sich mit dem elektromagnetischen Spektrum und Telekommunikationsnetzwerken und nutzt diese als künstlerisches Material, Habitat und politische Landschaft. Seit 2015 organisiert sie die Radical Networks Konferenz in New York und Berlin, ein Community-Event und Kunstfestival für kritische Forschung und kreative Experimente in der Telekommunikation. Derzeit ist sie Gastprofessorin für Neue Medien an der Kunsthochschule Kassel sowie Digital Fellow am Weizenbaum-Institut in Berlin.